
Sexuelle Übergriffe 18 Monate Haft auf Bewährung für Depardieu
Eine französische Film-Legende ist verurteilt, muss aber nicht ins Gefängnis: Der Schauspieler Gérard Depardieu wurde wegen sexueller Übergriffe schuldig gesprochen. Sein Anwalt will in Berufung gehen.
Es ist das vorläufige Ende eines aufgeheizten und extrem medienwirksamen Prozesses - allerdings ohne den Angeklagten: Gérard Depardieu war bei der Urteilsverkündung nicht anwesend.
Der Andrang bei Gericht war deutlich geringer als während der Anhörungen. An den vier Prozesstagen im März hatten Presse und Publikum teilweise stundenlang vor den Türen Schlange gestanden.
Übergriffe am Filmset
In dem konkreten Fall hatten zwei Frauen geklagt - wegen sexueller Belästigung und sexueller Übergriffe am Filmset von "Les Volets Verts" (Die Grünen Fensterläden) im Jahr 2021.
Die Richter in Paris verhängten eine Haftstrafe von 18 Monaten gegen den 76-Jährigen, die vollständig zur Bewährung ausgesetzt wurde. Zudem erhält Depardieu einen Eintrag ins französische Register für Sexualstraftäter. Das Urteil entspricht damit in weiten Teilen den Forderungen der Staatsanwaltschaft.
Depardieu zeigte keine Einsicht
Aus Sicht der Richter haben die Anhörungen "einwandfrei festgestellt", dass es sich um bewusste, sexuelle Übergriffe gehandelt hat. Die Klägerinnen hätten ihre Version der Ereignisse konstant und kohärent dargestellt. Depardieu dagegen habe seine Aussagen im Laufe der Anhörungen "signifikativ verändert".
Das Strafmaß berücksichtige das Alter und die angeschlagenen Gesundheit des Schauspielers, so die Richter, aber auch die Tatsache, dass Depardieu vor Gericht keine Einsicht für sein Fehlverhalten gezeigt und sein Handeln nicht in Frage gestellt habe.
Klägerin spricht von "Sieg"
Nur eine der beiden Klägerinnen - Amélie K. - war bei der Urteilsverkündung vor Ort. Sie zeigte sich erleichtert: Das Urteil sei "ein Sieg, ein Fortschritt, ein Schritt nach vorn", so Amélie K. vor der versammelten Presse.
Mit klarer, fester Stimme hatte Amélie K. vor Gericht ihre Erinnerungen an die Vorfälle geschildert: Wie Depardieu sie gepackt, mit den Beinen eingeklemmt und vom Schambereich bis zu den Brüsten berührt habe. Die obszönen, anzüglichen Sprüche.
Ihre Anwältin Carine Durrieu Diebolt nannte das Urteil einen Erfolg für die Klägerinnen - und darüber hinaus für alle Frauen, die Opfer sexueller Übergriffe seien. Sie hoffe auf ein "Ende der Straflosigkeit" für sexuelle Übergriffe, so Durrieu Diebolt.
Depardieus Anwalt kündigt Berufung an
Depardieus Anwalt Jérémie Assous, der während der Anhörungen vor allem wegen seiner scharfen und zum Teil beleidigenden Angriffe auf die Klägerinnen und deren Anwältinnen aufgefallen war, kündigte an, in Berufung zu gehen.
Er warf dem Gericht vor, "Anschuldigungen" und "Schuld" gleichzusetzen, ohne die Debatten während des Prozesses in Betracht zu ziehen: "Ab dem Moment, in dem man Ihnen sexuelle Übergriffe vorwirft, werden Sie automatisch verurteilt", sagte Assous nach der Urteilsverkündung.
Depardieu weist Vorwürfe zurück
Gérard Depardieu hatte die Vorwürfe gegen ihn während des Prozesses zurückgewiesen. Er stehe zu seiner Grobheit und zu seinen verbalen Übertreibungen, sagte der Schauspieler. Aber: "Ich verstehe nicht, warum ich Spaß daran haben soll, Frauen an den Brüsten oder am Hintern anzufassen. Ich bin kein Metro-Grapscher", so Depardieu während seiner Anhörung.
#metoo im französischen Kino
Im Kontext der #metoo-Welle im französischen Kino könnte das Urteil richtungsweisend sein: Denn Depardieu ist der erste große Name, der wegen sexueller Übergriffe verurteilt wurde.
Schon im vergangenen Jahr hatte die Schauspielerin Judith Godrèche mit ihren Vorwürfen gegen die Regisseure Jacques Doillon und Benoît Jacquot für Aufsehen gesorgt und eine breite Debatte über sexuelle Gewalt und Übergriffe in der französischen Filmwelt ausgelöst.
Die französische Nationalversammlung hatte daraufhin eine Kommission eingesetzt, um die Gewaltvorwürfe in Kino, Theater oder auch in der Werbebranche aufzuarbeiten. Kurz vor Beginn der Filmfestspiele in Cannes legte die Kommission ihren Abschlussbericht vor.
Weitere Vorwürfe gegen Depardieu
Es ist möglich, dass es nicht der einzige Prozess gegen Depardieu bleibt. Insgesamt haben rund 20 Frauen dem Schauspieler vorgeworfen, sie sexuell belästigt zu haben. In einigen Fällen sind die Anschuldigungen aber verjährt.
Die Schauspielerin Charlotte Arnould hatte 2018 sogar Anzeige wegen Vergewaltigung erstattet. Ob es in ihrem Fall zu einem Prozess kommt, ist noch unklar.